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Der Sonntagsverkauf bleibt umstritten

Nicht nur in den Ferienorten der Alpen soll es möglich sein, am Sonntag zu shoppen, sondern auch in städtischen Tourismuszonen. Dieser Forderung aus Kreisen der FDP und aus Verbänden hat sich nun auch der Bundesrat angenommen – zum Leidwesen der Gewerkschaften. Der Bund geht in seinem Entwurf aber nicht so weit wie von den Befürworterinnen und Befürwortern gewünscht und schränkt die Lockerungen für den Sonntagsverkauf in den Innenstädten deutlich ein.

Nun ist gewiss, was sich bereits im Sommer abgezeichnet hat: Die Regelung für den Sonntagsverkauf in der Schweiz soll gelockert werden. Wirtschaftsminister Guy Parmelin (SVP) hat Ende November eine entsprechende Verordnungsrevision in die Vernehmlassung geschickt. Demnach sollen Touristinnen und Touristen in städtischen Tourismusgebieten künftig auch am Sonntag Luxus- und Souvenirartikel kaufen können.

Diesen Plan ins Rollen gebracht hatte Anfang 2022 die Zürcher Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh (FDP). Sie möchte, dass die Kantonen den Sonntagsverkauf auf Innenstädte mit viel Tourismus ausweiten können. Vorbild dafür ist die Regelung, wie wir sie aus den Bergregionen kennen. Das Ziel: Der Städtetourismus soll wieder angekurbelt werden.

Beim Bundesrat stossen Späh und ihre Mitstreiterinnen, die sich aus Partei- und Amtskollegen anderer Kantone sowie Verbänden zusammensetzen, grundsätzlich auf offene Ohren. Der Bund will die Lockerungen für den Sonntagsverkauf allerdings klar einschränken. So dürfen nur jene Geschäfte in den Innenstädten ihre Türen öffnen, die vorwiegend ausländische Kundinnen und Kunden bedienen und Luxuswaren sowie Souvenirartikel verkaufen. Das Angebot darf etwa Kleider, Schuhe, Accessoires, Uhren, Schmuck und Parfum umfassen, nicht aber Güter des täglichen Bedarfs oder elektronische Geräte. Von diesen Einschränkungen ausgenommen sein, sollen Städte mit mehr als 60 000 Einwohnerinnen und Einwohnern und touristische Hotspots, wo der Anteil der ausländischen Gäste an den Logiernächten mindestens 50 Prozent beträgt. Stand heute würden sieben Städte diese Kriterien erfüllen.

Die Einschränkungen stossen bei den Befürworterinnen und Befürwortern des ausgedehnten Sonntagsverkaufs auf Kritik, etwa beim Detailhandel. Der Bundesrat suche gar nicht erst nach einer für die Reisenden attraktiven und für den Detailhandel guten Lösung ohne Wettbewerbsverzerrung, bemängelt etwa der Verband Swiss Retail Federation in seiner Mitteilung. Der Vorschlag des Wirtschaftsdepartements wird darin als «völlig unpraktikabel und kontraproduktiv» bezeichnet.

Auch Zürich Tourismus findet deutliche Worte: «Mit der vorgeschlagenen Lösung bleiben die Städte benachteiligt.» Was der Bund vorschlage, bringe nicht den gewünschten Effekt, lässt sich Guglielmo Brentel, der Präsident von Zürich Tourismus, in der NZZ zitieren. Seiner Ansicht nach lässt sich das Wirtschaftsdepartement in Bern von den Gewerkschaften, die sich gegen jede Flexibilisierung der Ladenöffnungszeiten wehren, zu sehr beeindrucken.  Er verweist darauf, dass die Mitarbeiter*innen für ihre Arbeit am Sonntag einen Zuschlag erhalten sollen.

Die Gewerkschaften vertreten tatsächlich eine klare Position. Sie stehen den Forderungen nach einem ausgedehnten Sonntagsverkauf kritisch gegenüber. Adrian Wüthrich von der Gewerkschaftsdachorganisation Travailsuisse bezeichnet die Idee als «klassische Salamitaktik, um den arbeitsfreien Sonntag eine Scheibe mehr infrage zu stellen». Er kritisiert, dass die Arbeitsbedingungen des Verkaufspersonals verschlechtert werden sollen, um mehr Profit zu erzielen. Wüthrich ist der Meinung, der Bund dabei hilft, den Volkswillen zu umgehen. Denn schliesslich habe sich das Stimmvolk immer wieder gegen Sonntagsverkäufe ausgesprochen. «Nun versuchen es die Kantone über die Hintertür und der Bundesrat zieht mit.»

Auftrag

  • Im Text kommen verschiedene Anspruchsgruppen vor. Definieren Sie diese mithilfe des Grundlagenwissens «Anspruchsgruppen» und begründen Sie, was diese fordern.

  • Erklären Sie, für welche Anspruchsgruppe sich die Gewerkschaften einsetzen und warum.

  • Beschreiben Sie einen typischen Zielkonflikt zwischen einem Detailhandelsbetrieb und einer Anspruchsgruppe in Bezug auf den Sonntagsverkauf.

  • Angenommen Adrian Wüthrich läge mit seiner Einschätzung richtig und in 5 Jahren dürften alle Läden in der Schweiz ihre Türen am Sonntag öffnen. Was hätte diese Entscheidung für eine Auswirkung auf die im Instrument definierten Anspruchsgruppen? Schildern Sie kurz und präzise.