NEWS

Zurück zu myDHF

Was tun gegen die Wohnungsknappheit?

Die Wohnungsnot in der Schweiz ist so gross wie seit zehn Jahren nicht mehr. Ein Ende ist nicht in Sicht: Das Angebot an freiem Wohnraum ist äusserst gering, die Zuwanderung ist hoch, der Wohnungsbau stagniert. Die Folge davon sind steigende Mieten für neu ausgeschriebene Wohnungen. Was tun also? Eine neue Raiffeisen-Studie zeigt, wie es theoretisch möglich wäre, neuen Platz zu schaffen. Mitte Februar hat zudem der Bundesrat einen Massnahmenplan vorgestellt.

Wir kennen diese Bilder aus den Medien: lange Warteschlangen bei einer Wohnungsbesichtigung. Anfang Februar war von einem 150 Meter langen Exemplar im Zürcher Stadtquartier Seebach zu lesen. Doch nicht nur Zürich mit einer Leerwohnungsziffer von 0,06 Prozent kennt das Problem. Der Bestand freier Wohnungen verringert sich auch vielerorts sonst. Durchschnittlich standen per Ende 2023 nur 1,15 Prozent aller Wohnungen in der Schweiz frei.

Tatsächlich ist das Thema höchst aktuell. Auf dem Markt gibt es so wenig Wohnraum wie seit zehn Jahren nicht mehr. Das Angebot an Mietwohnungen hat sich in den letzten zwei Jahren halbiert – auf knapp 34’000. Die Gründe sind rasch dargelegt. Während der Wohnungsbau stagniert, hat die Nettozuwanderung – die Differenz zwischen Ein- und Abwanderung – mit rund 100’000 Personen voriges Jahr ein Rekordhoch erreicht. Die Schweiz als Arbeitsstandort ist beliebt – und bleibt es auch in diesem Jahr. Es wird deshalb damit gerechnet, dass sich die Wohnungsknappheit in den nächsten Jahren weiter verschärft.

Als Folge davon erleben wir, dass die Mieten für neu ausgeschriebene Wohnungen, die sogenannten Angebotsmieten, im Verlauf des vergangenen Jahres so stark angestiegen sind wie seit 2008 nicht mehr. Die Bestandsmieten wiederum, also die Preise von bereits seit längerem bestehenden Mietverträgen, sind zwar voriges Jahr ebenfalls angestiegen. Es wird aber davon ausgegangen, dass die Bestandsmieten bis mindestens Ende 2025 nicht mehr weiter ansteigen werden. Dies hat damit zu tun, dass aufgrund des Schweizer Mietrechts Wohnungsmieten nach Vertragsabschluss nur noch sehr eingeschränkt ansteigen dürfen, zum Beispiel bei einer Erhöhung des Referenzzinssatzes. Deshalb entfernen sich die Angebotsmieten immer weiter von den Bestandsmieten. Mittlerweile liegt der Unterschied in den fünf grössten Städten beispielsweise bei einer Vier-Zimmer-Altbauwohnung schon bei monatlich fast 400 Franken.

Viele Menschen verfügen nach dem Auszug ihrer Kinder eigentlich über zu viel Platz. Einen Umzug in eine kleinere Wohnung können sich manche von ihnen aber aus den genannten Gründen nicht leisten. Eine aktuelle Raiffeisen-Studie kommt zum Schluss, dass eine bessere Nutzung des bestehenden Wohnraums die Situation entschärfen könnte. Würden die älteren Mieterinnen und Mieter ihren Flächenverbrauch an den Durchschnitt anpassen, würde eine Fläche frei, die rund 170’000 zusätzlichen Wohnungen mit 100 Quadratmeter entsprechen würde. Auf einen Schlag würde so Wohnraum für fast 450’000 Menschen entstehen. Selbstverständlich handelt es sich bei diesem Szenario nur um eine theoretische Spielerei, die sich nicht in die Realität umsetzen lässt.

Praxisorientierter sollen die Massnahmen sein, welche die Politik diesen Monat beschlossen hat. Bundesrat Guy Parmelin (SVP) hatte bereits im Mai 2023 Bund, Kantone, Gemeinden und Verbände zu einer ersten Gesprächsrunde eingeladen. Am 13. Februar 2024 folgte ein zweiter runder Tisch, in dessen Anschluss der Wirtschaftsminister der Öffentlichkeit einen «Aktionsplan Wohnungsknappheit» mit 35 Massnahmen präsentierte. Diese zielen darauf ab, mehr Wohnraum und mehr Wohnungen zu erschwinglichen Preisen zu schaffen. Hierfür soll nicht nur mehr, sondern auch verdichteter gebaut werden. An geeigneten Orten könnte zum Beispiel geprüft werden, ob vermehrt in die Höhe gebaut wird. Zudem wird eine Beschleunigung der Baubewilligungsverfahren angestrebt.

Der Aktionsplan des Bundes kommt aber längst nicht bei allen gut an. Der Mieterinnen- und Mieterverband beklagt in seiner Stellungnahme, dass der Bund, statt Verantwortung zu übernehmen, das Problem an Kantone und Gemeinden delegiere. Er vermisst zudem rasche und wirksame Massnahmen, die es erleichtern sollen, eine bezahlbare Mietwohnung zu finden. Die vorgeschlagenen Massnahmen würden Mieterinnen und Mietern frühestens in 10 bis 15 Jahren eine Linderung bescheren. Ins gleiche Horn stösst Eva Herzog (SP), Präsidentin des Verbands Wohnbaugenossenschaften Schweiz: «Wir hoffen auf mehr Tempo.»


Auftrag

  • Beschreiben oder visualisieren Sie eine innovative Wohnform, die die folgenden Kriterien erfüllt:

    • Die Wohnform ist platzsparend.
    • Die Wohnform ist auch für Menschen mit tiefem Einkommen bezahlbar.
    • Sie könnten sich vorstellen, so zu wohnen.

    Bilden Sie Kleingruppen und präsentieren Sie sich Ihre Ideen gegenseitig. Diskutieren Sie über die Vor- und Nachteile der verschiedenen Vorschläge.

  • Beantworten Sie die folgenden Fragen mithilfe des Sachtextes «Mietrecht» aus dem Bereich ABU (Thema R):

    • Wie viel sollte die Wohnungsmiete im Verhältnis zu Ihrem Lohn maximal kosten?
    • Um nicht die gesamten Mietkosten allein tragen zu müssen, wollen Sie in Ihrer Wohnung ein Zimmer untervermieten. Was müssen Sie berücksichtigen?
    • Wie Sie im News-Beitrag gelesen haben, dürfen die Bestandsmieten erhöht werden, wenn der Referenzzinssatz steigt. Was müssen Vermieterinnen und Vermieter bei der Mitteilung der Mietzinserhöhung beachten, damit diese gültig ist?
    • Was können Sie als Mieterin oder Mieter unternehmen, falls Sie eine Mietzinserhöhung erhalten, die aus Ihrer Sicht nicht gerechtfertigt ist?
  • Die Massnahmen des Bundesrats sehen u.a. vor, dass vermehrt in die Höhe gebaut wird. Was halten Sie davon? Wo sollen hohe Gebäude gebaut werden dürfen und wie hoch dürfen diese sein? Diskutieren Sie zu zweit und begründen Sie Ihre Argumente mit Beispielen aus der Schweiz oder aus dem Ausland.

  • Sehen Sie sich den SRF-Beitrag «Mieterschaft wehrt sich gegen Verdrängung» aus der Sendung «Kassensturz» vom 13.2.2024 an. Nehmen Sie anschliessend in einem kurzen Text Stellung zu den folgenden Argumenten der Eigentümerin der abzureissenden Liegenschaft (siehe Minute 2:44):

    • Ein Ersatzneubau ist ökologischer. Tipp: Beachten Sie den Sachtext «Massnahmen zum Klimaschutz» aus dem Bereich ABU (Thema F).
    • Mit dem Neubau kann auf der gleichen Fläche mehr Wohnraum geschaffen werden.