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Der gestohlene Goldschatz

Quelle: Schweizerisches Nationalmuseum, Zürich

Legende: Zeitgenössische Zeichnung: Die französischen Truppen bringen die Staatsschätze nach Frankreich.

Auftrag

  • Betrachten Sie zuerst nur das Bild und machen Sie sich Gedanken zu folgenden Fragen:
    -  Was sind das für Personen auf dem Bild?
    -  Was tun sie gerade?

Als am 5. März 1798 die französische Armee unter Napoleon die Stadt Bern eroberte, läutete diese militärische Niederlage auch das Ende der alten Eidgenossenschaft ein. Das gesamte Gebiet der damaligen Schweiz wurde besetzt. Der siegreiche Feldherr organisierte die alten Strukturen neu; es entstand die Helvetik, ein Zentralstaat nach französischem Vorbild. Nach der Vertreibung der Franzosen folgten zahlreiche Revisionen, die 1848 im modernen Bundesstaat mündeten. In der Geschichtsschreibung wurde in der Folge häufig diskutiert, wie und ob der sogenannte Franzoseneinfall schlussendlich nicht auch zur Entstehung des Bundesstaates beigetragen hat.

Was hingegen lange keine Beachtung gefunden hat, war der Diebstahl der Staatsschätze der Kantone, allen voran des gewaltigen Berner Staatsschatzes. Die Berner Staatsfinanzen waren im 17. Jahrhundert so gut bestückt, dass die Berner*innen begannen, einen Teil ihres Geldes im Ausland anzulegen. Sogar in Adam Smiths bekannten Buch «Der Wohlstand der Nationen» wird Bern erwähnt: «Der Kanton Bern bezieht ein beträchtliches Einkommen, indem er einen Teil des Staatsschatzes an das Ausland verleiht.» Tatsächlich war die Stadt Bern im 18. Jahrhundert eine grosse Investorin an der Londoner Börse und der für damalige Verhältnisse stolze Goldschatz ermöglichte dem Stadtstaat allerlei Finanztransaktionen. Die Grösse des Staatsschatzes war ein streng gehütetes Geheimnis, man benötige acht Schlüssel alleine um das Schatzgewölbe zu öffnen und es war verboten, eine genaue Zählung vorzunehmen.

Dies trägt dazu bei, dass es auch Historiker*innen schwer fällt, eine genaue Einschätzung des Staatsschatzes vorzunehmen. Um die französische Staatskasse war es hingegen nicht gut bestellt: Schon vor der Französischen Revolution 1789 war die Situation prekär und es drohte ein Staatsbankrott. Daher könnte die «Campagne d’Helvétie» durchaus durch die reichen Schweizer Staatsschätze motiviert gewesen sein. Der Berner Staatsschatz dürfte der grösste aller Kantone gewesen sein – die französischen Soldaten verluden denn prompt auch das Gold in Kutschen und überführten es zusammen mit den Bären aus dem Bärengraben nach Paris, um dort symbolträchtig ihren Sieg zu feiern.
Interessant dabei ist, dass die französischen Truppen nicht nur Bargeld, sondern auch die an der Londoner Börse gehandelten Wertpapiere der Berner*innen in ihren Besitz bringen wollten. Dabei handelte es sich um Aktien, die wertvoller waren als Gold. Allerdings konnte Napoleon die Wertpapiere nicht einfach in Besitz nehmen, weil sie auf Bern ausgestellt worden waren. Die Berner Regierung musste auf Befehl der französischen Besetzer einen Rückkauf der Aktien tätigen, damit Napoleon das Geld aus dem Wertschriftenhandel behändigen konnte.
Als Napoleon 1814 aus der Schweiz vertrieben wurde, hatte Bern (und auch die anderen Kantone) bedauerlicherweise einen Grossteil seines Vermögens verloren. Nach Schätzungen wäre der Staatsschatz hochgerechnet heute so gross, dass der Kanton Bern 115 Jahre keine Steuern erheben müsste.

Quelle: Christoph A. Schaltegger, Thomas M. Studer, «Napoleons Griff nach der Berner Beute», in: NZZ, 14.7.20; Buch «Napoleons reiche Beute».

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