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Wie viel teurer dürfen Bioprodukte sein?

Bioprodukte kosten mehr als herkömmliche Lebensmittel. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Doch wie hoch die Preisaufschläge tatsächlich sind, überrascht dann doch. So kommt eine neue Untersuchung der Fachhochschule Nordwestschweiz zum Schluss, dass Bio ungerechtfertigterweise viel teurer ist. Über 100 Millionen Franken sollen Schweizerinnen und Schweizer zu viel dafür ausgeben. Für die überhöhten Margen wird die Marktmacht von Coop und Migros verantwortlich gemacht.

Wenn wir Bioprodukte kaufen, dann wollen wir damit etwas Gutes tun und den ökologischen Landbau unterstützen. Dafür nehmen wir auch höhere Preise in Kauf. Doch weshalb kosten eigentlich Bioprodukte mehr? Eine im Oktober publik gewordene Untersuchung von Mathias Binswanger der Fachhochschule Nordwestschweiz kommt zum Schluss, dass dies nicht mit den Landwirtinnen und Landwirten zu tun hat, die für ihren höheren Aufwand bezahlt werden. Zwar erhalten diese von Coop und Migros einen Aufpreis. Lohnend werde der Bio-Landbau dadurch aber kaum, so die Erkenntnis des Volkswirtschaftsprofessors.

Für ihre Analyse haben Binswanger und sein Team den Produzentenpreis, also den Preis, den die Bauern für ihr Produkt erhalten, mit dem Konsumentenpreis verglichen. Bei praktisch allen untersuchten Produkten gibt es eine grössere Differenz zwischen den Bio- und den konventionellen Produkten. Besonders gross ist diese bei Kartoffeln, Fleisch, Rüebli und Eiern. Die Forscher schätzen, dass die Schweizerinnen und Schweizer letztes Jahr über 100 Millionen Franken zu viel für Bioprodukte ausgegeben haben.

Die Verantwortlichen hierfür sind gemäss Mathias Binswanger im Detailhandel zu suchen. Coop und Migros, die gemeinsam etwa 70 Prozent des Schweizer Lebensmittelhandels abdecken, würden ihre Marktmacht ausspielen, sowohl gegenüber den Konsumentinnen und Konsumenten als auch gegenüber den Bäuerinnen und Bauern. Tausenden von kleinen Betrieben würden nur gerade zwei grosse Nachfrager gegenüberstehen. Dabei könnten Coop und Migros die Preise so weit herunterhandeln, dass die Landwirtschaftsbetriebe bei bestimmten Produkten Probleme erhalten, ihre Produktionskosten zu decken. Die Folge davon: Bio ist für die Bäuerinnen und Bauern nicht mehr wirtschaftlich. Der Absatz von Bio stagniert.

Binswanger wünscht sich, dass Coop und Migros ihre Preisgestaltung überdenken und keine höheren Margen berechnen. Er steht mit seiner Forderung nicht allein da. Bereits im Januar dieses Jahres hatte Preisüberwacher Stefan Meierhans in einem Bericht Vermutungen über überhöhte Margen bei Bioprodukten geäussert. Genau wie jetzt Binswanger schlug er damals vor, dass biologisch produzierte Waren nicht mehr als 20 Prozent teurer verkauft werden sollen als das konventionelle Produkt. Die Detailhändler lehnten seinen Vorschlag jedoch ab.

Auch diesmal verteidigen Coop und Migros ihre Preise. Die Migros teilt gegenüber der Sonntagszeitung mit, keine höheren Margen mit Bioprodukten zu erzielen. Coop lässt wissen, dass man unter dem Strich an Bio nicht mehr verdiene als an konventionellen Produkten. Beide Detailhändler verweisen zudem darauf, dass die Kosten für Bioprodukte deutlich höher sind. Oft müssten die Rohstoffe getrennt von den konventionellen transportiert und verarbeitet werden. Auch bei den Preisen, die sie den Landwirtschaftsbetrieben zahlen, sehen Coop und Migros keinen Handlungsbedarf. Coop teilt mit, sie würden faire und marktgerechte Preise bezahlen.

Mathias Binswanger geht dies aber nicht weit genug. Der von ihm mitbegründete Verein Faire Märkte Schweiz fordert die Schweizer Politik und auch die Wettbewerbskommission zum Handeln auf. Die Wettbewerbskommission hat allerdings bereits abgewunken: Es gebe derzeit keinen Anlass für wettbewerbsrechtliche Verfahren, lässt sich Vizedirektorin Andrea Graber in der Sonntagszeitung zitieren. Das Kartellgesetz hält fest, dass Detailhändler weder Preise absprechen noch ihre allfällige marktbeherrschende oder relativ marktmächtige Stellung missbrauchen dürfen. Gemäss Graber gibt es derzeit weder für das eine noch für das andere Hinweise.

Auftrag

  • Tauschen Sie sich in der Gruppe aus: Auf was achten Sie beim Kauf von Lebensmitteln? Beispiele: Preis, Qualität, Labels, Marke …
    Begründen Sie Ihre Antworten.

  • Studieren Sie das Instrument «Zielkonflikt und Zielharmonie». Erklären Sie anhand des Instruments den im Text erwähnten Konflikt.
    Beschreiben Sie weiter, wie ein Kompromiss in diesem Fall aussehen könnte.

  • Informieren Sie sich darüber, welche Vor- und Nachteile Bioprodukte haben und inwiefern sich deren Kauf auf eine nachhaltige Lebensweise auswirken kann.

  • Formulieren Sie einen kurzen Text (ca. 700 Zeichen), in dem Sie Ihre Sichtweise zum Thema «Bioprodukte» und «nachhaltigen Lebensmittelkonsum» darstellen.
    Gliedern Sie Ihren Text nach Einleitung, Hauptteil mit Argumentation und Schluss. Nutzen Sie für Ihre Argumentation die beiden Instrumente «Argumentierender Zweischritt» und «Redemittel für Argumenten und Begründungen».